Was genau bedeutet das deutsche Lieferkettengesetz und zeitnah auch das EU-Lieferkettengesetz für Unternehmen und welche Änderungen kommen auf sie zu? Isabel Schäfer, Teamlead Innovation & Integration bei REMIRA, weiß, welche Ansätze für Unternehmen jetzt wichtig sind und wie den Herausforderungen, die das Gesetz mit sich bringt, begegnet werden kann. Wir haben ihr drei Fragen zum Thema Lieferkettengesetz gestellt.
Worauf müssen sich Unternehmen einstellen?
"Die vom deutschen Lieferkettengesetz betroffenen Unternehmen erwarten konzernweit neue Pflichten und damit verbundener Aufwand. Zunächst muss ein Risikomanagement eingerichtet werden, um festzustellen, bei welchen Lieferanten eventuell Menschenrechtsverletzungen oder Verletzung von Umweltstandards bestehen und entstehen könnten. Regelmäßige Risikoanalysen, Präventionsmaßnahmen und bei Verstößen auch Abhilfemaßnahmen werden ab 2023 zum Alltag gehören, genauso wie die Berichterstattung und Dokumentation über die Erfüllung der unternehmerischen Sorgfaltspflicht. Auch die betriebsinternen Zuständigkeiten müssen festgelegt werden. Sobald das europäische Lieferkettengesetz verabschiedet ist, wird sich der Aufwand noch einmal deutlich erhöhen.“
Wie können deutsche Unternehmen die Anforderungen des Lieferkettengesetzes erfolgreich umsetzen?
"Die meisten Unternehmen in der betroffenen Größe nutzen in vielen Bereich bereits Software, zum Beispiel in der Beschaffung oder für die Inventur. Softwaretools zur Digitalisierung der Supply Chain sind ein wichtiger Ansatz, um eine hohe Transparenz zu schaffen und kundenindividuelle Übersichten über die Bestellungen, den aktuellen Status, Risikoanalysen und alle weiteren Informationen über ihre Ware aus einer Hand zu erhalten. Ohne diese digitale Unterstützung werden die Anforderungen des Gesetzes nicht umsetzbar sein, weder für KMU noch für Konzerne. Eine digitale Supply-Chain-Lösung arbeitet nach dem Management-by-Exception-Prinzip und bietet Unternehmen in unvorhersehbaren Situationen mehr Flexibilität. Zudem können Dokumente mit Lieferanten geteilt werden und anhand bestimmter Kriterien Alerts eingestellt werden, um Dokumente für das Nachhalten der Sorgfaltspflicht einzubehalten. Entsprechende SCM-Tools setzen schon bei der Lieferantenauswahl an und fragen alle wichtigen Informationen zur Risikobewertung von Lieferanten ab. Eine passende IT-Lösung hilft also dabei, die Anforderungen des Lieferkettensorgfaltspflichten-gesetzes zu erfüllen und notwendige Daten und Informationen auf einer für alle Beteiligten zugänglichen Plattform zusammenzuführen und zu verwalten. Dadurch werden insbesondere Risiken frühzeitig erkannt.“
Was ist Ihre persönliche Meinung zum Lieferkettengesetz?
„Das Supply Chain Management ist durch die Globalisierung sehr komplex und intransparent geworden. Um auf allen Ebenen der Supply Chain die Compliance einhalten zu können, sind digitale Lösungen, die die traditionelle Supply Chain ablösen, unabdingbar. Langwierige und komplizierte Kommunikationswege und Informationssilos sind nicht mehr zeitgemäß. Hinzu kommt, dass die Reaktionszeiten bei Lieferengpässen schlechter werden – bedingt dadurch, dass allein schon der Sourcing Prozess von Lieferanten aufwendiger wird. Die Beteiligten müssen zusammenarbeiten und störungsfrei kommunizieren können, um Transparenz zu schaffen und Informationen in Echtzeit austauschen zu können. Gerade diese Transparenz ist ein großer Vorteil des Gesetzes, genauso wie die Möglichkeit, Verletzungen der Menschenrechte und des Umweltschutzes aufzudecken. Meiner Meinung nach verläuft die Umsetzung jedoch eher schleppend und auf bürokratischen Umwegen. Da sind viele Wege nicht zu Ende gedacht. Das deutsche Lieferkettengesetz ist nur ein erster Schritt, viele weitere müssen folgen. Insbesondere auf europäischer und internationaler Ebene.“
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