Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz, auch Lieferkettengesetz genannt, ist ein Gesetz, das Unternehmen dazu verpflichtet, ihre Lieferketten auf die Einhaltung von Menschenrechts- und Umweltstandards zu überprüfen und sicherzustellen, dass diese Standards in allen Phasen der Produktion und Lieferung eingehalten werden.
Das Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz (LkSG) ist die deutsche Umsetzung des europäischen Lieferkettengesetzes. Mit vollem Titel heißt das LkSG "Gesetz über die unternehmerischen Sorgfaltspflichten zur Vermeidung von Menschenrechtsverletzungen in Lieferketten", es wird aber auch oft nur Lieferkettengesetzt genannt. Das deutsche Lieferkettengesetz basiert auf den Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte der Vereinten Nationen und dem Nationalen Aktionsplan für Wirtschaft und Menschenrechte, bei dem es sich um eine Initiative der Deutschen Bundesregierung aus dem Jahr 2016 handelt. Das Gesetz zielt darauf ab, globale Produktionsprozesse transparenter und gerechter zu gestalten und Unternehmen für die Einhaltung ethischer Standards in ihren Lieferketten verantwortlich zu machen.
Im Kern regelt das Lieferkettengesetz die unternehmerischen Verantwortungen für die Einhaltung von Menschenrechten in globalen Lieferketten. Das Gesetz fordert von Unternehmen, dass sie ihre gesamten Lieferketten – von der Rohstoffgewinnung bis zum Endprodukt – hinsichtlich der Einhaltung von Menschenrechten und Umweltstandards überwachen. Dazu gehören unter anderem die Vermeidung von Kinderarbeit, Zwangsarbeit, Diskriminierung, unzureichenden Arbeitsbedingungen und Umweltschäden. Unternehmen sind verpflichtet, Risiken zu identifizieren, präventive Maßnahmen zu ergreifen und bei Verstößen Gegenmaßnahmen einzuleiten. Zudem müssen sie über ihre Aktivitäten und Maßnahmen transparent berichten. Die wichtigsten Maßnahmen, die Unternehmen ergreifen müssen, sind in § 3 LkSG als Sorgfaltspflichten festgehalten. Bei Nichteinhaltung können Sanktionen folgen. Die Einhaltung wird vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle kontrolliert. Bei Verstößen gegen das Gesetz können Bußgelder in Höhe von bis zu 800.000 Euro verhängt werden. Erwirtschaftet ein Unternehmen einen Umsatz von mehr als 400 Mio. Euro können Bußgelder von bis zu zwei Prozent des globalen Umsatzes verhängt werden. Eine weitere Sanktion, die verhängt werden kann, wenn ein Bußgeld von 175.000 Euro oder mehr angesetzt wurde, ist der Ausschluss von der Vergabe öffentlicher Aufträge für bis zu drei Jahren.
Hintergrund des deutschen Lieferkettengesetzes ist die starke Einbindung deutscher Unternehmen in die internationale Arbeitsteilung und die stetig wachsende Komplexität der Lieferketten. Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wurden im Jahr 2022 Waren im Wert von über 1,5 Billionen Euro exportiert und Waren ebenfalls im Wert von über 1,5 Billionen Euro importiert. Trotz des leichten Rückgangs während der Corona-Pandemie, welche zu temporären Unterbrechungen der Lieferketten weltweit geführt haben, gilt Deutschland weiterhin als eine der größten Außenhandelsnationen weltweit. Unter den Importen befanden sich vielfach Rohstoffe, Vorprodukte und Fertigwaren aus Schwellen- und Entwicklungsländern. Problematisch wird die Eingliederung von Schwellen- und Entwicklungsländern in die globalen Lieferketten dann, wenn die schwächeren Rechtssysteme dieser Länder ausgenutzt werden. Gerade der Kostendruck in einem stark umkämpften internationalem Wettbewerb kann dazu führen, dass Gesetzeslücken in Bezug auf Menschenrechts- und Umweltstandards ausgenutzt werden. Die Bundesregierung hat dies zum Anlass genommen um das Lieferkettengesetz auf den Weg zu bringen. Seit 2023 ist das LkSG in Kraft getreten und gilt für Unternehmen mit mindestens 3.000 Mitarbeitern. Für Unternehmen mit mindestens 1.000 Mitarbeitern gab es eine längere Umsetzungsfrist, jedoch gilt auch für sie das LkSG ab dem 01.01.2024.
Der Vorschlag für ein EU-Lieferkettengesetz wurde dem Rechtsausschuss des Europäischen Parlaments im Mai 2023 von der EU-Kommission vorgelegt. Der Vorschlag trägt im Deutschen den Titel "EU-Richtline über die Sorgfaltspflichten von Unternehmen im Hinblick auf Nachhaltigkeit", im Englischen "Corporate Sustainability Due Diligence Directive", abgekürzt CSDDD, genannt. Eine Einigung zwischen dem Rechtsausschuss des EU-Parlaments und den EU-Mitgliedsstaaten konnte jedoch erst im Dezember 2023 erzielt werden. Unter anderem hatte Deutschland sich gegen die geplante Richtline ausgesprochen, da diese weit über das deutsche Gesetz hinausgehen. Da das Gesetz im Laufe des Jahres 2024 noch vom Europäischen Parlament und von den EU-Staaten offiziell bestätigt werden muss, sind noch kleinere Änderungen zu erwarten. Der Vorschlag, auf welchen sich der EU-Rechtsausschuss und die EU-Staaten vorerst geeinigt haben, beinhaltet unter anderem folgendes:
Sollte das EU-Lieferkettengesetz verabschiedet werden, so würde es innerhalb von 20 Tagen nach seiner Veröffentlichung gelten. Ab diesem Zeitpunkt hätten die Mitgliedsstaaten zwei Jahre Zeit für die Umsetzung. Dies könnten bedeuten, dass bis 2026 mit einer Verschärfung des Lieferkettensorgfaltspflichtgesetzes zu rechnen ist.
Die Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte wurden 2011 von UN-Menschenrechtsrat verabschiedet. Die Leitprinzipien soll ein globales Instrument zur Behebung und Verhütung von Menschenrechtsverletzungen darstellen Die UN-Leitprinzipien bestehen aus 31 Prinzipien, die in ein Drei-Säulen Modell eingeordnet sind. Die drei Säulen sind:
Der Hintergrund der Leitprinzipien ist, dass es gerade in globalen Lieferketten oft zu Menschenrechtsverletzungen kommt. Das ist damit zu erklären, dass es unter anderem an einer rechtlichen Verbindlichkeit für Unternehmen und einem grundsätzlichem Schutz von Menschenrechten in den Produktionsstätten fehlt. Vielfach ereignen sich Menschenrechtsverletzungen im globalen Süden, da die meisten Produktionen und Weiterverarbeitungen dort stattfinden. In diesen Ländern sind oft die Mindestlöhne nicht gesichert, die Menschen werden gezwungen Überstunden zu leisten, und die Sicherheit am Arbeitsplatz wird nicht gewährleistet. Die Universität Maastricht hat in einer Studie aus dem Jahr 2015 festgestellt, dass Deutschland auf Platz fünf im internationalen Vergleich von Menschenrechtsbeschwerden gegen im Land ansässige Unternehmen ist. Damit haben deutsche Unternehmen, zumindest vor Einführung des Lieferkettengesetzes, vielfach zu Menschenrechtsverletzungen innerhalb ihrer Lieferkette beigetragen, was sowohl unbewusst als bewusst stattgefunden haben kann.
Im deutschen Lieferkettengesetz sind neun Sorgfaltspflichten in §3 Absatz 1 Satz 1 LkSG festgelegt, welche sowohl für den eignen Geschäftsbereich als auch für die Lieferanten eines Unternehmens gelten:
Im eigenen Geschäftsbereich bedeutet das, dass Unternehmen im Fall von Verletzungen unverzüglich Abhilfemaßnahmen ergreifen müssen, die zwingend zu einer Beendigung der Verletzung führen. In Bezug auf die Lieferanten eines Unternehmens, gelten die Sorgfaltspflichten nur für unmittelbare Zulieferer. Für diese muss das Unternehmen im Fall einer Verletzung einen konkreten Plan zur Minimierung und Vermeidung erstellen, wenn es nicht selber in der Lage ist die Verletzung in absehbarer Zeit zu beenden.
Die allgemeinen unternehmerischen Sorgfaltspflichten werden ausgeweitet:
Das Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz, auch Lieferkettengesetz genannt, regelt die unternehmerische Verantwortung für die Einhaltung von Menschrechten entlang der globalen Lieferketten,
Seit 01.01.2024 gilt das Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz für Unternehmen mit 1.000 Beschäftigten, die ihre Hauptverwaltung, ihren Verwaltungssitz oder ihren satzungsmäßigen Sitz in Deutschland haben oder die eine Zweigniederlassung in Deutschland haben, in der mindestens 1.000 Mitarbeiter beschäftigt sind.